Defamation (2009) - Handlung, Besetzung und Filmkritik
Regisseur Yoav Shamir beschäftigt sich in seiner Dokumentation „Defamation“ mit dem Antisemitismus. Dabei trifft er auf Menschen, die sich von diesem Hass gegen die jüdische Bevölkerung ständig konfrontiert fühlen und wiederum andere, denen Antisemitismus noch nie begegnet ist.
Dauer: | 91 Min. |
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FSK: | ab XX Jahren |
Jahr: | 2009 |
Regie: | Yoav Shamir |
Produzenten: | Sandra Itkoff, Philippa Kowarsky, Karoline Leth, Knut Ogris |
Hauptdarsteller: | Uri Avnery, Norman Finkelstein, Abraham Foxman |
Nebendarsteller: | David Hirsch, John Mearsheimer, Yoav Shamir, Steve Walt |
Genre: | Dokumentation |
Studio: | First Run Features |
Sprachen: | English, France |
Shamir, der Antisemitismus ebenfalls nie erlebt hat, begibt sich auf die Suche, was dieser Begriff bedeutet und wie er Menschen beeinflusst. Zurückhaltend interviewt er seine Großmutter, orthodoxe Juden, Rabbiner und Mitglieder der ADL. Nur selten lässt Shamir sich zu einem Kommentar hinreißen.
Er beobachtet jüdische Studenten die ein deutsches Konzentrationslager in Polen besuchen. Auch befragt er den umstrittenen Professor Norman Finkelstein, dem Verfasser des Buches „The Holocaust Industrie“ und seinen Gegenspieler Abraham Foxman.
Besetzung / Schauspieler, Regie und Drehorte
Die Idee zur Dokumentation „Defamation“ hatte der israelische Regisseur Yoav Shamir bereits nach der Produktion zu „Checkpoint“ aus dem Jahr 2003. Aufgrund der kritischen Ansichten, die er in Bezug der Politik der israelischen Regierung gegenüber den Palästinensern in diesem Film vertrat, wurde er als antisemitistisch bezeichnet. Er entschied sich aufgrund dieser Aussage eines im Ausland lebenden Journalisten, der nie in der eigenen Armee gedient hatte, der keinen Angehörigen im zweiten Weltkrieg verloren hatte, diesen Antisemitismus näher zu hinterfragen.
Er suchte nicht nur unter der normalen Bevölkerung eine Antwort, sondern brachte auch den Mut auf, Größen wie den Direktor der ADL Abraham Foxman zu interviewen. Foxman selbst ist als Jude in Polen geboren und hatte das Glück das Ghetto Vilnius zu überleben. Auch scheute er nicht davor den Politikwissenschaftler Norman Finkelstein zu besuchen, ebenfalls einen Juden, der kein gutes Haar an seinen Kontrahenten Foxman lässt. Stephen M. Walt, John Mearsheimer und Uri Avnery, der Gründer der Friedensorganisation „Gush Schalom“ sind ebenfalls Protagonisten im Film.
Uraufgeführt wurde „Defamation“ am 5.Februar 2009 auf der Berlinale mit einer Laufzeit von 91 Minuten und einer FSK von 10 Jahren. Die Dokumentation wurde mit dem „Europäischen Filmpreis“ ausgezeichnet.
Inhalt und Handlung vom Film „Defamation“
Der Dokumentarfilmer Yoav Shamir untersucht den Begriff „Antisemitisch“, der im Leben der jüdischen Bevölkerung eine zentrale Rolle spielt. Er geht der Frage nach, ob dieser Judenhass auch in der heutigen Zeit diese Nation diskriminiert. Oder ist es nur ein Freiticket, wenn irgendeine Kritik an den Juden allgemein oder der politischen Führung geübt wird?
Shamir, selbst Jude, liest diese Worte, wie Nazi, Holocaust oder Antisemitismus täglich in der größten Tageszeitung Jedi’ot Acharonot. Noah Klieger, ein Journalist dieses Blattes, war in Auschwitz und vertritt nach wie vor die Meinung, dass neben Deutschland, Frankreich, England eigentlich die ganze Welt eine judenfeindliche Einstellung zeigt. Doch ist es wirklich so?
Shamir’s Großmutter, sie ist über 90 Jahre alt, sieht es anders. Sie ist überzeugte Zionistin, nach dem Krieg nach Israel zurückgekehrt. Sie kämpft und unterstützt den Staat Israel aktiv. Warum, meint sie, wenn sich die Juden im Ausland antisemitischer Handlungen ausgesetzt fühlen, kehren sie nicht zurück in das gelobte Land. Vielleicht, weil sie nicht arbeiten wollen, sondern ihr Geld lieber durch Betrug verdienen?
Yoav, der nie Antisemitismus erlebt hat, macht sich auf, um weitere Nachforschungen in anderen Ländern anzustellen und ob es in der heutigen Zeit dieser extreme Hass auf Juden noch existiert.
New York
Sein Weg führt ihn unter anderem nach New York, zu Abraham Foxman, den damaligen Vorsitzenden der ADL (Anti-Defamation League), der weltweit größten Organisation im Kampf gegen Antisemitismus. Ein Mitarbeiter informiert ihn, dass ihm vergangenen Jahr ein massiver Anstieg pauschaler Judenfeindlichkeit in der ganzen Welt zu beobachten war. 1500 Fälle alleine in der USA.
Dieses weckt Shamir’s Interesse, doch bei seinen Recherchen, kann er nur einige unwesentliche Vorfälle zu diesem Thema finden. Beispielsweise das Mitarbeiter von Betrieben an jüdischen Feiertagen arbeiten mussten. Auch ein genervter und gestresster Polizist hat eine wohl nicht freundliche Aussage über die Juden bei einem Begräbnis geäußert.
Ein Fall allerdings gibt Anlass für einen antisemitistischen Anschlag. Doch auch hier kommen Zweifel auf. Jüdische Kinder wurden von einer Gruppe schwarzer Jugendlicher, im Alter zwischen 10 und 12 Jahren, in ihrem Schulbus mit Steinen beworfen, wobei zwei davon die Fenster durchschlugen.
Shamir begibt sich mit der ADL auf Reisen nach Italien zur Papstaudienz, einem Treffen mit Prodi, in die Ukraine zu Staatschef Juschtschenko und auch nach Israel. Es ist keine Frage, die ADL hat eine bedeutende Stellung auch in der Politik. Sie verbindet Washington mit Regierungen der ganzen Welt. Doch woher hat diese Gemeinschaft diese Macht?
Shamir nimmt außerdem an einer Klassenfahrt mit israelitischen Jugendlichen teil, die die Gedenkstätte von Holocaustopfern in Auschwitz, Birkenau besuchen. Es ist unbestreitbar, es hat hier einer der grausamsten Völkermorde aller Zeiten stattgefunden und es sollte nie in Vergessenheit geraten. Doch ist es gut, diesen jungen Menschen zu vermitteln, sie werden nach wie vor von der ganzen Welt gehasst?
„Defamation“ oder „Hashmatsa“, ein Regisseur auf der Suche nach der Wahrheit.
Filmkritik und Rezension von „Defamation“
Es ist keine Frage, mit der Dokumentation stellt sich der Regisseur Yoav Shamir einem brisanten gesellschaftspolitischen Thema. Letztendlich bleibt das Ende offen. „Defamation“ ist ein anspruchsvoller Film, der die Fakten zum Antisemitismus von allen Seiten beleuchtet, Fragen offenlässt und zum Nachdenken anregt.
Der Film beleuchtet unterschiedliche Meinungen einzelner Personen. Shamir interviewt unter anderem einen Rabbiner, der der Ansicht ist, dass die ADL durch ihre Hypervigilanz definitiv dazu beiträgt, die Beziehung zwischen der jüdischen Bevölkerung und den anderen Nationen negativ beeinflusst, ja geradezu Rivalität fördert. Susan und Harvey Prinz, dagegen sehen in der ADL eine Institution, die hilft ihre Identität zu stärken und ihre eigenen Wurzeln besser zu verstehen.
Auch den Ort Crown Heights (bekannt durch die Unruhen von 1991) besucht Shamir. Hier leben die jüdischen, karibikstämmigen und afroamerikanischen Einwohner auf engstem Raum zusammen. Bei seiner Befragung von einigen schwarzen Bewohnern, berichten diese, dass sie sich durch die Juden bedroht fühlen und sprechen dabei über die Propagandaschrift „Die Protokolle der Weisen von Zion„, in der die Juden als kapitalistische Sekte bezeichnet werden. Herrscht in diesem Stadtteil doch ein starker Antisemitismus?
Einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt auch das Interview mit Norman Finkelstein, der durch seine Kritik an der Politik Israels gegen die Palästinenser oft auf die Nazizeit verweist und mit seinem Hitlergruß seine Einstellung zu dieser Thematik offen zeigt.