Der schlimmste Mensch der Welt

In „Der schlimmste Mensch der Welt“ kehrt der norwegische Regisseur Joachim Trier zu seinen filmischen Wurzeln zurück. Nach einem Ausflug in englischsprachige Projekte und dem Genre-Kino mit „Thelma“ schließt dieser Film eine Trilogie ab, die die Lebenswege der jungen Osloer Oberschicht beleuchtet. Mit einer feinfühligen Hand erzählt Trier die Geschichte von Julie, einer jungen Frau, die zwischen verschiedenen Lebenswegen und Liebesbeziehungen navigiert. Ihre Unentschlossenheit und Suche nach Selbstverwirklichung stehen stellvertretend für die Herausforderungen einer ganzen Generation.

Dauer: 128 Min.
FSK: ab 12 Jahren
Jahr:
Regie: Joachim Trier
Produzenten: Andrea Berentsen Ottmar, Thomas Robsahm
Hauptdarsteller: Renate Reinsve, Anders Danielsen Lie, Herbert Nordrum
Nebendarsteller: Maria Grazia Di Meo
Genres: Komödie, Romantik
Studio: MK2 Productions, Oslo Pictures, Snowglobe
Sprachen: Deutsch, Norwegisch, English

Julie, dargestellt von Renate Reinsve, wandert durch verschiedene Studienfächer und Lebensphasen, immer auf der Suche nach dem Ort, an dem sie hingehört. Ihre Beziehungen zu Aksel, einem älteren Comic-Autor, und später zu Eivind, einem gleichaltrigen Barista, spiegeln ihre innere Zerrissenheit und die Schwierigkeit wider, sich in einer Welt voller Möglichkeiten festzulegen. Der Film wirft kritische Fragen auf, ohne einfache Antworten zu liefern. Er betrachtet die Freiheiten und die Lasten, die mit dem Privileg einhergehen, aus einem reichen Spektrum an Lebenswegen wählen zu können.

Besetzung / Schauspieler, Regie und Drehorte

Joachim TriersDer schlimmste Mensch der Welt“ ist ein Film, der uns in seinen Bann zieht. Mit seiner Premiere in Cannes 2021 und als norwegischer Beitrag für die Oscars 2022 erlangte er internationale Anerkennung. Die Geschichte folgt Julie, gespielt von Renate Reinsve, durch die Höhen und Tiefen ihres Lebens in Oslo. Ihre Darstellung brachte ihr Anerkennung und Preise ein, unter anderem den Amandaprisen als Beste Hauptdarstellerin. Anders Danielsen Lie und Herbert Nordrum unterstützen als Aksel und Eivind die emotionale Tiefe des Films.

Das Werk ist der abschließende Teil der Oslo-Trilogie. Die Dreharbeiten fanden größtenteils in der norwegischen Hauptstadt statt. Sie wurden allerdings durch die Pandemie kurz unterbrochen. Ein Beweis für Triers und seines Teams Engagement und Flexibilität. Die Kombination aus Eskil Vogts Drehbuch und Ola Fløttums Musik schafft eine unvergessliche Atmosphäre. Der Film spielte weltweit über 12 Millionen Dollar.

Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter für das Beste Drehbuch und die Beste Kamera. Diese Erfolge spiegeln die harte Arbeit und das Talent aller Beteiligten wider. „Der schlimmste Mensch der Welt“ ist nicht nur ein filmisches Meisterwerk, sondern auch ein finanzieller Erfolg. Mit einem Budget von 5 Millionen Euro erwirtschaftete er das Doppelte seiner Kosten zurück.

Handlung und Story vom Film „Der schlimmste Mensch der Welt“

Julie, eine Medizinstudentin in Oslo, wechselt ihr Studienfach zuerst zu Psychologie und dann zu Fotografie. Mit Ende 20 beginnt sie eine Beziehung mit dem 15 Jahre älteren Comiczeichner Aksel Willman. Während eines Wochenendes bei Aksels Eltern bringt er den Wunsch nach einer Familie zur Sprache. Julie ist jedoch unsicher über ihre Zukunft. Ihre Unentschlossenheit spiegelt die Suche nach persönlicher und beruflicher Erfüllung wider. Aksels Unterstützung zeigt seine Liebe und das Vertrauen in Julies Talent. Trotzdem fühlt sich Julie in der Beziehung gefangen, unsicher, ob sie bereit ist, den nächsten Schritt zu gehen.

Nach einem Verlagsereignis für Aksel stolpert Julie über eine Hochzeitsfeier, wo sie Eivind, einen Barista, trifft. Obwohl beide in Beziehungen sind, verbringen sie die Nacht mit dem Austausch von Witzen und Intimitäten, halten sich jedoch zurück, sexuelle Beziehungen einzugehen. Sie tauschen nur ihre Vornamen aus und trennen sich danach. Diese Begegnung markiert den Beginn von Julies innerer Zerrissenheit zwischen dem Verlangen nach Neuanfang und der Loyalität zu Aksel. Eivinds freier Geist fasziniert Julie, was sie dazu bringt, ihre aktuelle Lebenssituation zu hinterfragen.

Die familiäre Spannungen

Julie schreibt eine Kurzgeschichte über Feminismus und Oralverkehr, die Aksel beeindruckt. Er ermutigt sie, die Geschichte online zu stellen, wo sie Aufmerksamkeit erregt. Ihre kreative Entfaltung und Aksels Unterstützung betonen die Komplexität ihrer Beziehung. Doch Julies 30. Geburtstag bei ihrer geschiedenen Mutter, den ihr Vater wegen eines Fußballspiels verpasst, offenbart familiäre Spannungen. Diese Enttäuschung und Aksels Unverständnis gegenüber Julies Bedürfnissen verstärken ihr Gefühl der Einsamkeit und des Unverstandenseins.

Als Julie Eivind und seine Freundin Sunniva zufällig in einer Buchhandlung trifft, nimmt ihr Leben eine Wendung. Die folgende Auseinandersetzung mit Aksel über seine Beschwerden bezüglich der Verfilmung seines Comics führt dazu, dass Julie sich von ihm distanziert. Ihre Tagträumerei von einem Date mit Eivind, bei dem sie sich verlieben, katalysiert ihre Entscheidung, sich von Aksel zu trennen. Diese Entscheidung markiert einen Wendepunkt in Julies Leben, da sie sich für die Unvorhersehbarkeit der Liebe und gegen die Sicherheit entscheidet.

Eivind verlässt Sunniva, und Julie zieht mit ihm zusammen. Ihre Beziehung wird auf die Probe gestellt, als Julie von Aksels Krebserkrankung erfährt. Ihre Schwangerschaft und der darauffolgende Besuch bei Aksel im Krankenhaus bringen tiefgründige Emotionen zum Vorschein. Aksels Tod und Julies Fehlgeburt sind schmerzhafte Ereignisse, die sie zutiefst prägen. Letztendlich findet Julie ihre Berufung als Fotografin am Set eines Films. Die Begegnung mit Eivind und einem Baby draußen zeigt die Fortführung des Lebens trotz vergangener Trauer. Julies Reise ist eine emotionale Achterbahn der Selbstfindung, Liebe und des Verlustes.

Fazit und Kritik zum Film „Der schlimmste Mensch der Welt“

Der schlimmste Mensch der Welt„, Joachim Triers jüngstes Werk, führt uns zurück zu den filmischen Wurzeln des norwegischen Autors. Der Film rundet eine Trilogie ab, die sich kritisch mit der wohlhabenden Oberschicht Oslos auseinandersetzt. Julie, eine junge Frau aus eben dieser Schicht, verkörpert das Dilemma der Generation, die vor lauter Möglichkeiten nicht weiß, wohin mit sich. Die Erzählung folgt ihr durch eine Phase des Ausprobierens und des ständigen Wandels. Sie wechselt ihre Studienrichtung von Medizin zu Psychologie und schließlich zur Fotografie. Ihre Beziehung zu Aksel, einem deutlich älteren Comic-Künstler, und später zu Eivind, spiegelt ihre Suche nach Identität und Zugehörigkeit.

Der Film stellt Fragen, die in der heutigen Zeit besonders relevant erscheinen. Julies ständiges Hin und Her zwischen verschiedenen Lebensentwürfen ist eine Metapher für die Unentschlossenheit einer ganzen Generation. Sie steht symbolisch für die Millenials, die vor so vielen Optionen stehen, dass die Entscheidung zur Qual wird. Trier nutzt die Figur der Julie, um tiefgreifende gesellschaftliche Fragen nach Selbstverwirklichung, Liebe und dem Sinn des Lebens zu erkunden. Besonders bemerkenswert ist Renate Reinsves Darstellung der Julie, die mit ihrer Performance den Geist und die Zerrissenheit ihrer Generation einfängt.

Triers filmische Umsetzung ist dabei ebenso modern wie hinterfragend. Mit Animationen, schnellen Schnittfolgen und einem gezielten Einsatz von Popmusik schafft er eine visuelle und akustische Ebene, die die Thematik des Films unterstreicht. Die Nutzung eines selbstreflexiven Voice-Overs verstärkt diesen Eindruck zusätzlich. „Der schlimmste Mensch der Welt“ ist somit nicht nur eine Geschichte über die Suche nach sich selbst und dem Platz in der Welt, sondern auch ein Kommentar über die Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit unserer Zeit.

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