Eine ganz heiße Nummer

Der amüsante Film „Eine ganz heiße Nummer“ zeigt, dass Telefonsex durchaus filmreif sein kann. Ursprünglich hatten sich die drei Protagonistinnen, die in der streng katholischen Gemeinde Marienzell im Bayerischen Wald leben, ihren Lebensabend in ihrem Tante-Emma-Laden vorgestellt. Doch nach der Pleite der örtlichen Glashütte bleiben Maria, Waltraud und Verkäuferin Lena ohne Kunden zurück, und auch die Bank kündigt den Firmenkredit. In ihrer finanziellen Not beschließen die Frauen, eine Telefonsex-Hotline als Zusatzeinkommen zu gründen – allerdings heimlich. Doch als die Dorfgemeinschaft davon erfährt, sorgt ein Fackelzug wütender Katholiken für Aufregung und Chaos.

Dauer: 91 Min.
FSK: ab 12 Jahren
Jahr:
Regie: Markus Goller
Produzenten: Florian Deyle, Philip Schulz-Deyle, Martin Richter, Andrea Sixt
Hauptdarsteller: Gisela Schneeberger, Bettina Mittendorfer, Monika Gruber
Nebendarsteller: Rosalie Thomass, Sigi Zimmerschied
Genre: Komödie & Unterhaltung
Studio: TNF Tele Norm Film, ATrack Film GmbH, Muenchen
Sprachen: Deutsch

Im Verlauf des Films müssen die Protagonistinnen nicht nur ihre eigene Scham überwinden, sondern auch mit Vorurteilen und Anfeindungen aus der Dorfgemeinschaft kämpfen. Trotz aller Widrigkeiten schaffen es die Frauen, ihren Telefonsex-Service zum Erfolg zu führen und sich damit ihre finanzielle Unabhängigkeit zu sichern.

Besetzung / Darsteller, Regie und Drehorte

Für die deutsche Filmkomödie „Eine ganz heiße Nummer“ wurde 2010 die Gemeinde Gotteszell in Niederbayern als Drehort ausgewählt. Während des rund 6-wöchigen Drehs drehte sich (fast) alles um Stöhnanrufe, den Niedergang der Tante-Emma-Kultur und die persönliche Entwicklung von drei starken Frauen: Maria Brandner, gespielt von Bettina Mittendorfer, Waltraud Wackernagel, dargestellt von Gisela Schneeberger, und Verkäuferin Lena, alias Rosalie Thomass, die alle mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Die Protagonistinnen wachsen jedoch an ihren Problemen und Krisen und auch im gleichnamigen Buch von Autorin Andrea Sixt, das als Vorbild für den Film diente. Der Film erzielte im Jahr 2011 große Erfolge und wurde von mehr als einer Million Besuchern in den Filmtheatern gesehen, womit er zur zweiterfolgreichsten Produktion deutscher Arthouse-Kunst wurde. Darüber hinaus erreichte er Platz 8 der erfolgreichsten deutschen Kinopremieren. Bettina Mittendorfer erhielt im gleichen Jahr den Bayerischen Filmpreis für ihre Darstellung der Maria Brandner.

Handlung & Story vom Film „Eine ganz heiße Nummer“

Waltraud, Maria und Lena müssen schlagfertig und ideenreich sein, denn die Geschäfte im „Lebensmittel Brandner“ laufen nicht gut. Eine Aldi-Filiale in der nächsten Stadt macht billige Konkurrenz und die ortsansässige Glashütte ist zahlungsunfähig, was dazu führt, dass Marias Mann ebenfalls arbeitslos wird. Kurz vor dem Erliegen der Geschäfte erhalten die Frauen einen verhängnisvollen Anruf: Ein obszöner Anrufer stöhnt in den Hörer und bringt die rettende Idee. Eine Telefonsex Hotline ist eine saubere Sache, diskret und leicht verdientes Geld, glaubt man den Ausführungen auf Telefonsex.de.

Die drei lustvollen Damen Sarah, Lolita und Maya machen sich ans Werk und setzen ihre delikate Geschäftsidee als erotischer Telefonservice um, während vorne der Brötchenverkauf in der Gemeinde stagniert. Mit bayerisch derbem Humor und einem rollenden R bewerben sie ihre Dienste mit Handzetteln und dem Slogan „Das Allerbeste aus unserer Heimat“.

Die ersten 7.000 € füllen die leeren Tante Emma Kassen auf und der erotische Telefonservice erweist sich als erfolgreich. Die drei Frauen aus der katholischen Gemeinde setzen ihre pikante Geschäftsidee voller Selbstbewusstsein und Tatendrang um. Doch dann kündigt die Bayernbank den Firmenkredit auf und fordert das Geld innerhalb von vier Wochen zurück.

Die gestiegenen Einnahmen des erotischen Telefonservice lassen das Selbstbewusstsein der drei Frauen Sarah, Lolita und Maya wachsen und es scheint, als ob die drohende Pleite abgewendet wurde. Allerdings missfällt der hochnäsigen Bürgermeistergattin das elitäre Getue der drei ehemaligen Landpomeranzen und sie lässt die Frauen beschatten.

Fotos in der Lokalzeitung

Es wird schnell klar, dass die drei Frauen ihr Geld mit einer Sexhotline verdienen und nicht mit frischen Teiglingen. Ein Wirbel entsteht und der Dekan der Kirche entdeckt Fotos in der Lokalzeitung, die die Damen bei ihrer täglichen Stöhnarbeit zeigen. Der Dekan war zuvor gerade in Marienzell, um sich die Entwürfe für die Fenster im Regensburger Dom zeigen zu lassen.

Empört verlässt der Dekan ohne lukrativen Auftrag für die Gemeindekasse den Ort der Sünde, da er den frivolen Nebenjobs der drei Frauen nicht zustimmt. Die Proteste gegen den erotischen Telefonservice wachsen und die Frauen müssen sich nicht nur mit der Bürgermeistergattin, sondern auch mit dem Dekan und der Dorfgemeinschaft auseinandersetzen.

Obwohl der ein oder andere Bewohner die heiße Nummer bereits kennt und nutzt, passen frivole Nebenjobs nicht in das streng kirchlich geprägte Dorfbild. Das führt dazu, dass sich ein wütender Mob aus alten Grantlern, triebigen Greisen und archetypischen Originalen formiert, der sich mit brennenden Fackeln auf den Weg zum Haus der Lust macht. Sogar die Bürgermeistergattin und der Pfarrer schließen sich dem Mob an.

Die unchristliche Ansage

Dort angekommen gibt es aber statt Reuebekundungen und lauten Rufen nach Erlösung vor allem eins für die verlogene Dorfgemeinschaft: eine deutliche und unchristliche Ansage von Maria. Sie macht klar, dass das pöbelnde Volk schuld an dem finanziellen Dilemma ist und ihr lautes Gestöhne nur ein stiller Schrei als Aufruhr gegen das Finanzsystem, die Wirtschaftskrise und die Macht der großen Discounter ist.

Während die Dorfbewohner Aldi & Co. die Türen einrennen, bleiben im Dorf die Türen des einzigen Lebensmitteluniversums bald geschlossen. Die drei Landfrauen entwickeln ein gestärktes Selbstbewusstsein und halten den Spiegel der Moral für alle hoch, die sich hinter der Fassade von Erzengeln und Aposteln verstecken. Sie stellen die Dorfgemeinschaft vor die Entscheidung, ob sie weiterhin den großen Discountern hinterherlaufen oder ihre regionalen Produkte unterstützen möchten.

Die drei Frauen setzen sich für ihre Gemeinde ein und kämpfen für die Wiederbelebung der Tante-Emma-Kultur. Sie zeigen den Dorfbewohnern, dass man nicht immer den leichtesten Weg gehen und sich den großen Ketten ergeben muss. Mit ihrer neuen Haltung und ihrem gestärkten Selbstbewusstsein sind sie bereit, ihre Ideale zu verteidigen und für das zu kämpfen, was ihnen wichtig ist.

Am Ende begibt sich Maria auf den Weg nach Südamerika, um sich selbst zu finden und sich von falscher Moral und finanziellen Sorgen zu befreien. Möglicherweise wird sie sogar ihren Bewunderer treffen, der sie während ihrer Stöhnanrufe bei der Telefonsex-Hotline kontaktiert hatte und unbedingt persönlich kennenlernen möchte.

Fazit & Kritiken zum Film „Eine ganz heiße Nummer“

Der Film „Eine ganz heiße Nummer“ ist nicht so katholisch, wie er auf den ersten Blick erscheint. Eine triebgesteuerte Männerwelt, frivoler Sextalk und viele bayerische Klischees werden gezeigt, jedoch ohne allzu anzüglich zu werden. Regisseur Markus Goller setzt das Drehbuch von Andrea Sixt für ein breites Publikum um und überzeugt vor allem durch die glaubwürdige Darstellung der Scham, die die drei Hauptdarstellerinnen empfinden, als sie Telefonsex in ihrer gläubigen Dorfatmosphäre haben.

Die drei Protagonistinnen schaffen den finanziellen Aufstieg und emanzipieren sich, während das Sittenbild des katholisch-bürgerlichen Milieus einer bayerischen Gemeinde ins Wanken gerät. Obwohl die Story für manche Zuschauer nicht immer zeitgemäß erscheint, ist sie in vielen kleinen Gemeinden noch immer präsent. Der Film zeigt Berührungsängste vor dem lukrativen Nebenjob per Telefon und zeigt die Spannung zwischen Tradition und Moderne auf.

Regisseur Goller schafft dies mit einem publikumsorientierten und gagreichen Ratgeber, in dem die drei sympathischen Frauen sich gegen alle Widerstände auflehnen. Die Berührungsängste der Figuren vor dem Telefonsex werden deutlich spürbar, aber auch die biestige Bürgermeistergattin und der strenge Pfaffe müssen im Laufe des Films die Hosen runter lassen. Die Sittenkomödie wird verstärkt durch bajuwarische Komik, deftige Kontraste und sanft dahinplätschernde Musik.

Das gemächliche Tempo des Films ist gewollt und ermöglicht den Figuren Luft zum Atmen, während sie sich gegen ihr Schicksal auflehnen. Die traurige Geschichte von Maria wird dabei sanft erzählt und auch Waltraud zeigt sich bemerkenswert sanft und leise. Lena, die Sexbombe, lässt den Blick hinter die Fassade zu und der Zuschauer erkennt schnell, dass sich hinter ihr ein keusches Mädchen verbirgt.

Die erfolgreiche Filmkomödie ist eine triumphale Komödie für die Moral und gegen die falsche Sittlichkeit. Sie zeigt liebevolle Heimatbilder und beherzte bayerische Anekdoten sowie drei wunderbare Hauptdarstellerinnen. Insgesamt handelt es sich um einen Frauenfilm, der das Publikum begeistert.

Preise und Auszeichnungen für „Eine ganz heiße Nummer“

Folgende Preise und Auszeichnungen konnte der Film „Eine ganz heiße Nummer“ bei verschiedenen Preisverleihungen gewinnen bzw. wurde für nominiert:

  • „Eine ganz heiße Nummer“ gewann 2012 den Bayerischen Filmpreis in der Kategorie „Bestes Drehbuch“.
  • Die Hauptdarstellerin Gisela Schneeberger erhielt für ihre Rolle in „Eine ganz heiße Nummer“ den Deutschen Filmpreis in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin“ im Jahr 2012.
  • Der Film wurde beim Filmfest München im Jahr 2011 mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.
  • Regisseurin und Drehbuchautorin Anno Saul erhielt für „Eine ganz heiße Nummer“ den Regiepreis beim Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2011.
  • „Eine ganz heiße Nummer“ war für den Grimme-Preis 2013 in der Kategorie „Fiktion“ nominiert.
  • Der Film erhielt 2012 den „Preis der deutschen Filmkritik“ in der Kategorie „Beste Musik“ für die Komposition von Gerd Baumann.
  • Bei der Verleihung des Hessischen Filmpreises 2011 wurde der Film in der Kategorie „Bester Spielfilm“ ausgezeichnet.
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