Mein wunderbares West-Berlin (2018) - Handlung, Besetzung und Filmkritik
„Mein wunderbares West-Berlin“ spricht über eine spezielle Szene in West-Berlin in 60er-Jahren. Damals existierten Lokale, wo Männer ganz unter sich sein konnten. Im Laufe der Zeit wurden diese Orte als Magneten für schwule, junge Menschen. Mit Interviews wird an die Zeit damals gedacht. Erinnerungen an eine Szene, die ständig kämpfen musste. Letztlich änderte sich viel in Berlin, besonders nach dem Mauerfall.
Dauer: | 97 Min. |
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FSK: | ab 16 Jahren |
Jahr: | 2018 |
Regie: | Jochen Hick |
Produzenten: | Jochen Hick, Hermann Hick, Ursula Schneid |
Hauptdarsteller: | René Koch, Rolf Eden, Mabel Aschenneller |
Nebendarsteller: | Romy Haag, Aron Neubert |
Genre: | Dokumentation |
Studio: | Galeria Alaska Productions |
Sprachen: | Deutsch |
Bei „Mein wunderbares West-Berlin“ handelt es sich um eine deutsche Dokumentation aus dem Jahre 2017. Die Premiere des Films fand auf der Berlinale, am 11. Februar 2017 statt. Es war eine Koproduktion des Rundfunks Berlin-Brandenburg und unterstand der Förderung von Medienboard Berlin-Brandenburg, MFG Filmförderung Baden-Württemberg, Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein und den Deutschen Filmförderfonds.
Besetzung / Schauspieler, Regie und Drehorte
Der Regisseur Jochen Hick übernimmt in der Dokumentation „Mein wunderbares West-Berlin“ einige Arbeiten. Sein Name steht auch im Zusammenhang mit dem Drehbuch und der Produktion. Wobei Letzteres unterstützt wurde durch Hermann Hick und Ursula Schneid. Die Dokumentation, über eine Länge von 98 Minuten, porträtiert die Schwulenbewegung in West-Berliner während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es existiert keine Altersbeschränkung für die Dokumentation. Die Kameraführung übernahmen Alexander Gheorghiu und Jochen Hick. Jegliche Szenen wurden später von Thomas Keller zurechtgeschnitten.
Innerhalb der Laufzeit sieht der Zuschauer eine Befragung ausgewählter Zeitzeugen, von Lebenskünstlern und Aktivisten über Regisseure und Kulturschaffende bis hin zu Klubbetreiber und Travestie-Stars. Alle teilen ihre Erinnerungen und teilweise taucht noch nie zuvor gezeigtes Archivmaterial auf. Dabei fallen Namen wie: Egmont Fassbinder (1945 geboren), Romy Haag (1951/1948 geboren), Peter Hedenström (1948 geboren), Gerhard Hoffmann (1946 geboren), René Koch, Patsy L´Amour Lalove (mit bürgerlichem Namen Patrick Henze), Wilfried Laule, Dirk Ludigs, Detlef Mücke, Wolfgang Müller, Rosa von Praunheim, Bob Schneider, Klaus Schumann, Wieland Speck, Wolfgang Theis, WestBam, Wolfgang Winkler und Ades Zabel.
Inhalt und Handlung vom Film „Mein wunderbares West-Berlin“
Während der ersten Minuten sind Archivausschnitte, beispielsweise des Flughafen Tempelhof in den 1960er-Jahren, zu sehen. Abwechselnd mit einigen Zeitzeugeninterviews. Dazu klärt Jochen Hick darüber auf, dass ein schwuler Mann damals drei Möglichkeiten hatte, um neue Bekanntschaften zu machen. Das waren die Städte Köln, West-Berlin oder Amsterdam. Klaus Schumann (Designer) berichtet, dass er bei einem Schneider lernte, weil ihn Schneiderläden magisch anzogen. René Koch kellnerte in der Fasanenstraße. Doch heute betreibt er ein Museum für Lippenstifte. 1966 begann Koch als Barmann im Kleist-Casino in Schöneberg. Es war schwierig, dort hineinzukommen, denn es bestand eine große Angst vor Razzien. Aber er trat dort schon vor dem Jahre 1969 stark geschminkt auf.
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war in Deutschland die „Unzucht unter Männern“ verboten. Weiterhin von dem NS-Regime übernommen – bis 1969 – gab es aufgrund dieses Verbots über 50.000 Verurteilungen. Die verbotene Sexualität wurde in dieser Zeit trotzdem ausgelebt. So ging man ins Schilf des Tegeler Sees, in die Schweiz oder nach Italien.
Travestiekünstler, Künstlernamen Melanie M., erklärt, dass sich im KC ein gutes Geschäft machen ließ, denn es gab keine Auswahl an Etablissements. Von der Stripteasetänzerin Angela Parker erfährt der Zuschauer, dass es in den 60er-Jahren eine Menge Razzien gab. Dadurch sollten Schwule verhaftet und denunziert werden. Die Bahnhofsvorhalle des Bahnhofs Zoo galt als Treffpunkt für Strichjungen. Von der Kriminalpolizei wurden diese Jungen „Parasiten“ genannt. Ganz West-Berlin wies 30 Lokale auf, wo ein Mann mit einem Mann tanzen konnte, sodass einige Reiseführer damit warben.
Hick dokumentiert außerdem die Geschichte der Homosexuelle Aktion Westberlin. Während der Demonstration am 1. Mai 1972 marschierte diese HAW sogar mit. Es waren hauptsächlich linke Gruppierungen in der HAW. Im heutigen Schwulen-Museum in Berlin kuratiert Wolfgang Theis. Er vertritt die Meinung, dass sich die HAW lieber mit der Frauenbewegung zusammengeschlossen hätte. Diese Homosexuellengruppe war für die Homosexuellen eine zweite Heimat oder eine Familie. Nach der Aussage von Patsy L´Amour LaLove löste sich in den Jahren 1973 / 1974 die Lesbenbewegung von der Schwulenbewegung.
Innerhalb der Dokumentation wird auch der Einfluss der amerikanischen Homosexuellenbewegung auf die Szene in Deutschland klar, was zu einem Vergleich zwischen den deutschen und amerikanischen Schwulengruppen führt. So steuern einige Zeitzeugen auch bewegende, skurrile und heitere Anekdoten zum Sexleben dazu.
Diese Entwicklung machte sich 1978 in der Zunahme von sexuell übertragbaren Krankheiten bemerkbar. Danach tauchen Aufnahmen aus den Anfängen der 1980er-Jahre auf. 1981 entstand mitten in Berliner Schwulenkreisen die erste Wohn-Einrichtung für schwule Männer. Daraufhin wird das Jahr 1984 zum Thema, wo die ersten AIDS-Tests auf den Markt kamen. Im Anschluss sind Demonstrationen aus dem Jahre 1991 gegen die Haltung der katholischen Kirche und das Kondomverbot zu sehen. Abschließend versucht die Dokumentation, den Bezug zur Gegenwart herzustellen, zum Beispiel mit dem Christopher-Street-Day oder dem Karneval der Kulturen.
Filmkritik und Rezension von „Mein wunderbares West-Berlin“
Es fällt schnell ins Auge, dass „Mein wunderbares West-Berlin“ aufwendig und penibel recherchiert wurde. Im Fokus stehen die wichtigsten Etappen der Pionierarbeit. Angefangen von dem Erkämpfen der Grundrechte, der Gleichberechtigung und der sexuellen Freiheit. Heute sieht der Zuschauer dies durch eine Vielzahl von Aids-Hilfen, Szene-Bars, ein großes Angebot von Nacht- und Partyleben sowie dem Christopher-Street-Day in den Städten.
Die vielen Interviews und befragten Zeitzeugen berichten umfangreich über die damalige Zeit. Dabei lässt der Regisseur nichts aus. Er widmet sich jeder Entwicklungsstufe mit gleichem Niveau. Die spannenden Erlebnisberichte der Gesprächspartner werden untermalt von aufwendig zusammengetragenen, extrem rarem Archivmaterial.
Die Dokumentation nimmt Sie mit auf eine Reise durch West-Berlin während der Zeit nach dem Krieg bis hin zum Mauerfall, alles durch die komplette Schwulen-Zeit. Mit „Mein wunderbares West-Berlin“ entstand ein gründlich recherchierter, hoch informativer Film. Viel Freude beim Schauen!