Intelligenz macht sexy: Warum uns Helden mit Grips so begeistern

Attraktivität liegt im Auge des Betrachters. Die Einen werden von äußeren Merkmalen angezogen, die Anderen legen mehr Wert auf charakterliche Besonderheiten. Und dann ist da noch der Intellekt eines Menschen, der ungeachtet seines Äußeren sehr attraktiv wirken kann. In Kinofilmen und Serien sind die klugen Köpfe häufig nicht gerade mit Muskeln oder heißen Kurven gesegnet. Trotzdem üben sie eine große Anziehungskraft aus, sowohl auf ihr Gegenüber im Film als auch auf das Publikum. Kein Zweifel, Intelligenz macht sexy. Doch warum werden wir von kognitiven Fähigkeiten so stark angezogen und warum sind es vor allem die Helden mit Grips, die uns so begeistern?

Was wir als intelligent betrachten

Intelligenz hat viele Gesichter. Was wir als intelligent betrachten, ist nicht ganz eindeutig definiert. Grundsätzlich leitet sich Intelligenz vom lateinischen Wort „intellegere“ ab, was „verstehen“ bedeutet. Allein der Wortursprung macht bereits klar, dass Intelligenz vielfältig definiert werden kann. Es geht darum, Informationen zu verarbeiten und sie in eine Interaktion mit dem Umfeld zu übersetzen.

Intelligenz spiegelt sich im Verständnis komplexer Mathematik, der Umsetzung naturwissenschaftlicher Phänomene in komplexe Entwicklungen im Bereich der Medizin oder der Technologie, einem großen Wortschatz, umfangreicher Literaturkenntnis, hoher Problemlösungskompetenz, zum Beispiel bei kniffligen Rätseln, der Ausarbeitung vielschichtiger Pläne oder der Ermittlung in komplexen Kriminalfällen und nicht zuletzt auch in spielerischen Bereich. Einen beeindruckenden Verstand attestieren wir zum Beispiel auch Schachprofis, die hochkomplexe Strategien umsetzen und gleichzeitig die Züge ihres Gegenübers mühelos voraussehen können. Diese Antizipation von Intelligenz lässt sich vom Schachbrett auch auf strategische Kartenspiele übertragen.

Dass für den Erfolg am Poker- oder Black Jack-Tisch weitaus mehr erforderlich ist als nur Glück, kann wohl jeder bestätigen, der zum Beispiel schon einmal im Casino Erfahrungen gesammelt hat. Je nach Glücksspiel spielen Strategie und Köpfchen nämlich eine ebenso große Rolle wie der Zufall, der bei der Vergabe der Spielkarten mit am Tisch sitzt. Besonders eindrucksvoll wird diese Tatsache im Kinofilm „21“ inszeniert, bei dem eine Gruppe hochintelligenter Mathematikstudenten von dem begabten und ehrgeizigen Professor Mickey Rosa zu erstklassigen Kartenzählern ausgebildet werden. Und nicht zuletzt benötigen erfolgreiche Spieler auch die Fähigkeit, ihr Gegenüber einzuschätzen und dessen Spielzüge vorauszuahnen. Mit Empathie und Menschenkenntnis lässt sich auch ein schlechtes Blatt häufig noch zum Erfolg führen.

Und schließlich kann sich Intelligenz auch in Alltagssituationen manifestieren. Kann ein Mensch zum Beispiel eine große Bandbreite an Alltagsbereichen selbstständig meistern, gehen wir von umfangreichen kognitiven Fähigkeiten aus. Wer auf komplexe Problemstellungen mit einer aktiven Lösungsfindermentalität reagiert, wird ebenfalls als intelligent bezeichnet.

Vielleicht lässt sich Intelligenz auf eine recht einfache Formel herunterbrechen: Wirklich intelligent ist, wer neue Situationen schnell erfassen, verstehen und einordnen kann und anschließend in der Lage ist, durch das Abfragen vorhandenen Wissens, geschickte Kombinatorik und die sinnvolle Korrelation von Beziehungen die korrekte Verhaltensweise für die vorliegenden Situation ermittelt.

Sapiosexualität als Trend

Wie wichtig die Anziehungskraft des Intellektes in der Gesellschaft und in der Wissenschaft geworden ist, zeigt eine Begrifflichkeit, die diesen Trend inzwischen begleitet: „Sapiosexualität“.

Darunter ist zu verstehen, dass ein Mensch von seinem Gegenüber nicht aufgrund seiner körperlichen Merkmale angezogen wird, sondern aufgrund der sich manifestierenden überlegenen Intelligenz. Bekennende Sapiosexuelle geben sogar an, wenig bis gar keinen Wert auf das Aussehen zu legen. Das sei allerdings Quatsch, sagt Marc Messer, Pressesprecher des Hochbegabten-Netzwerks Mensa in Deutschland e.V. und Mitglied der „Triple Nine Society“ für Menschen mit einem IQ ab 149 im Interview mit der Welt. Auch beim Thema Sapiosexualität spielen gewisse äußere Merkmale eine Rolle. Schließlich werden im Gehirn ästhetische Stereotype abgerufen, wenn es um Intelligenz geht. Der hochbegabte Professor trägt meist gediegene Kleidung, eine Brille und ist fast nie ohne ein Buch anzutreffen. Seine Statur dagegen ist eher schmächtig und durchschnittlich.

Intelligenz macht Sexy - Frau mit BuchAuch der weibliche Stereotyp ist von optischen Klischees geprägt. Weibliche Intelligenzbestien tragen ebenfalls Brille, eine schlichte Frisur, sind wenig oder kaum geschminkt und entscheiden sich für einen biederen und wenig modischen Kleidungsstil. Dass diese Stereotype längst nicht immer zutreffen, ist einleuchtend, trotzdem wäre es falsch, davon auszugehen, dass Sapiosexualität vollkommen frei von äußerlichen Aspekten ist.
 
Eines definiert die Sapiosexualität aber ganz klar: Sie benötigt einen erkennbar überlegenen Intellekt, um sexuelle Anziehungskraft zu verspüren und das Interesse einer sapiosexuellen Person zu wecken. Wichtig sind dabei Aspekte wie Allgemeinwissen, Wortschatz, Ausdrucksweise, rhetorische Fähigkeiten, Humor und Witz, Problemlösermentalität und ein gewisser Hang zur Vergeistigung. Ob die Intelligenz dabei auf ein Fachgebiet konzentriert oder sehr breit gefächert ist, hängt von persönlichen Vorlieben und Erfahrungen ab.

Sapiosexuelle sind meist Kopfmenschen und geben dem logischen Denken Vorrang vor reiner Emotionalität. Dasselbe erwarten sie auch von ihrem potenziellen Partner. Damit ist der neue Trend der Sapiosexualität eine klare Gegenbewegung zum Schönheits- und Fitnesskult und dem Schönheitsideal, das vielfach in den Medien vermittelt wird. Äußere Schönheit ist vergänglich und lässt Menschen mit zunehmendem Alter häufig an Attraktivität im allgemeingültigen Sinne einbüßen. Der Intellekt steht dazu im genauen Gegensatz, weil er sich meist im Laufe der Jahre erweitert und vertieft und somit auch bis ins hohe Alter attraktiv machen kann.

Was macht Intelligenz so sexy?

Junger Mann beim Lesen eines BuchesEin hoher Intellekt scheint für viele Menschen ebenso attraktiv zu sein wie ein gesunder Körperbau. Doch woran liegt das? Für die Anziehungskraft körperlicher Merkmale hat die Wissenschaft bereits herausgefunden, dass evolutionäre Aspekte eine große Rolle spielen. Wer groß ist, kräftige Muskeln oder ein gebärfreudiges Becken und gesunde und glänzende Haare und Zähne hat, gilt als sinnvolle Wahl für einen Fortpflanzungspartner. Dem liegt der Urinstinkt des Menschen zugrunde, eine gesunde Nachfolgergeneration zur Sicherung der Arterhaltung zu erschaffen. Vorteilhafte Gene sind also der Grund dafür, dass viele Menschen von bestimmten physischen Merkmalen angezogen werden.

Tatsächlich geht der Wunsch nach einem intelligenten Partner auf dieselben Urinstinkte zurück. Eine US-amerikanische Studie hat nachgewiesen, dass hohe Intelligenz meist mit einer überdurchschnittlichen Spermienqualität korreliert. Die Entscheidung für einen intelligenten Partner treffen vor allem Frauen aber eher unbewusst, wie eine weitere Studie zeigen konnte. Ein Forscherteam um Studienleiter Mark Prokosch von der University of California in Davis 15 männliche Probanden vor der Videokamera verschiedene intellektuelle Aufgaben erledigen lassen. Anschließend wurden 200 weibliche Studienteilnehmerinnen gefragt, welchen Partner sie auf der Basis der Videoaufnahmen auswählen würden. Tatsächlich ergab sie eine überraschende Korrelation zwischen den sich manifestierenden kognitiven Fähigkeiten der Probanden und dem subjektiven Empfinden von Attraktivität, das die Studienteilnehmerinnen zu Protokoll gaben. Dies ließ sich vor allem für die Frage nach einer kurzen Liaison als auch nach einer langfristigen Partnerschaft beobachten.

Wissenschaftler führen dieses Phänomen auf zwei wesentliche Faktoren zurück: Zunächst scheint unterbewusst die Überzeugung vorzuherrschen, dass intelligente Partner lösungsorientierter sind und aufgrund ihres überlegenen Intellektes und ihrer Problemlösermentalität besser dazu in der Lage sind, langfristig und auch in schwierigen Zeiten als Versorger zu fungieren. Außerdem gehen Wissenschaftler davon aus, dass die Wahl vor allem im Hinblick auf langfristige Bindungen eher auf einen intellektuell interessanten Partner fällt, weil die körperliche Anziehungskraft in Beziehungen vergänglich ist. Wer auf intellektuelle Kompatibilität setzt, schafft damit eine solide Basis für eine langfristige Anziehungskraft und eine unerschöpflichere Quelle, aus der sich das gegenseitige Interesse in der Beziehung aufrechterhalten lässt.

Diese Film- und Fernsehhelden überzeugen durch Brain statt Body

Auch auf der Leinwand üben intelligente Filmcharaktere eine starke Anziehungskraft aus. Filme um hochintelligente Protagonisten liegen im Trend. Wir denken dabei natürlich an Filmklassiker wie „Good Will Hunting“, „A beautiful Mind“ oder „Enigma – Das Geheimnis“.

Ganz oben auf der Liste der Filme um Charaktere mit Köpfchen stehen Streifen aus dem Heist-Genre, allen voran die „Ocean’s“-Reihe. Hoch komplexe Pläne für den perfekten Coup gepaart mit cleveren Kartentricks, kniffligen Rätseln und Fallen und natürlich charismatischen Helden mit viel Köpfchen locken immer wieder ein Millionenpublikum in die Kinosäle oder vor dem Fernsehbildschirm.
Eines der beliebtesten Bildschirm-Genies unserer Zeit ist Benedict Cumberbatch. Der britische Schauspieler ist in viele intelligente Rollen geschlüpft und hat dabei gezeigt, wie charismatisch und sexy Intelligenz sein kann. Zu seinen Filmrollen zählen unter anderem Sherlock Holmes in der erfolgreichen BBC-Serie, Dr. Strange im Kosmos der Marvel-Superhelden und der geniale Mathematiker Alan Turing, der in „The Imitation Game“ im Zweiten Weltkrieg vom britischen Geheimdienst engagiert wird, um den Enigma-Geheimcode der deutschen Wehrmacht zu entschlüsseln.

Auch Leonardi DiCaprio ist schon mehrfach in intelligente Filmrollen geschlüpft. In „Aviator“ verkörperte er den legendären Filmemachers und Flugzeugpioniers Howard Hughes. In „Catch me if you can“ gelingt es ihm durch Charme, Köpfchen und Erfindungsreichtum immer wieder, seinem Gegenspieler Tom Hanks zu entwischen.

Die Liste der Filme und Filmrollen rund um Intelligenz und Genie ist lang und sie wird immer länger. Intelligenz macht nicht nur sexy, sondern auch interessant. Das macht sich auch auf der Leinwand bemerkbar.

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