Die glücklichen Arbeitslosen – der Anflug von antikapitalistischen Optimismus
Wenn es zu politischen Wahlen ein Dauerthema gibt, dann ist es de Arbeitsmarkt. Jene, die in Rente sind, haben ihn meist hinter sich, die anderen stecken mitten drin, und die Jüngeren sollen sich darauf vorbereiten. Doch immer häufiger geschieht es auch, dass scheinbar für manche kein Platz auf dem Arbeitsmarkt zu sein scheint. Wer arbeitslos ist, der spürt das oftmals nicht nur im Geldbeutel. Noch immer haftet diesem Zustand ein Makel an, der das soziale Leben schwieriger macht. Gegenentwürfe gibt es viele. Unter anderem auch den der glücklichen Arbeitslosen, die unter diegluecklichenarbeitslosen.de zu finden sind. Ihnen geht es darum, dass auch ohne Arbeit Glück möglich sein muss. Auch konkrete Maßnahmen finden sich dazu in ihrem Manifest. In Zeiten von zunehmender Automatisierung der Arbeitsvorgänge und Diskussionen zum bedingungslosen Grundeinkommen eine interessante Sicht der Dinge.
Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit
Arbeitslosigkeit ist ein Thema, mit dem jeder mal auf die eine oder andere Weise konfrontiert wird. Jeder kann sich darunter vorstellen, was gemeint ist. Nicht etwa, das keine Tätigkeit mehr zu tun ist, beispielsweise das Abwaschen des Geschirrs in den eigenen vier Wänden, sondern dass keine Erwerbstätigkeit mehr vorliegt. Damit wird eine Arbeit bezeichnet, die regelmäßig ausgeführt wird und für die es Geld als Entlohnung gibt. In erster Linie soll jeder daran ein Eigeninteresse haben, da die Brötchen auf dem Tisch verdient werden wollen. Zumindest sofern man kein Bäcker ist, aber der wird auch für das Mehl bezahlen müssen.
Der Arbeitsmarkt ist auch immer wieder ein politisches Thema, da es eben nicht nur um das eigene Wohlbefinden geht. Der Staat profitiert von einer gesunden Wirtschaft, ist sogar stark abhängig davon. Wenn die meisten Menschen Arbeit haben, dann ist das gut, da diese theoretisch kein Hunger leiden müssen. Außerdem werden auf diesem Wege auch Steuern generiert, die ein gesunder Staat braucht. So ist der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit auch immer eine Frage der Gesellschaft. Doch sehr oft geht dabei der Blick auf das Individuum verloren. Und den Fragen danach, wie zweckmäßig Arbeit ist.
Automatisierte Prozesse sorgen für weniger Arbeitsplätze
Spätestens seit dem 19. Jahrhundert ist ein Prozess in Gang gekommen, der sich massiv auf die Arbeit der Menschen auswirkt. Zwar entstanden zu dieser Zeit immer mehr Fabriken, sodass die Menschen vom Land in die Stadt gingen und dort arbeiteten, doch gleichzeitig gab es auch eine Form der Automatisierung. Die Fabriken entstanden, in denen zwar viele Arbeiter beschäftigt waren, jedoch weniger gebraucht wurden, als zu Zeiten ohne die Fabriken. Die Folge war schon damals, dass hohe Arbeitslosigkeiten entstanden und auch später erste Sozialsysteme eingeführt wurden.
Die Automatisierung ist etwas, was sich in den letzten Jahren noch verstärkt hat und in den nächsten Jahren auch noch verstärken wird. Auch die Technologien werden immer ausgefeilter. Immer mehr Tätigkeiten, die klassischerweise von einzelnen Arbeitern ausgeführt wurden, werden später von Maschinen und Computern übernommen. Schon jetzt weiß man also, dass in diesem verändernden Arbeitsmarkt immer weniger Menschen beschäftigt werden können. Arbeitslosigkeit ist die logische Folge des technologischen Fortschritts, der natürlich auf der anderen Seite auch dafür sorgt, dass es immer mehr Menschen theoretisch gutgeht.
Immer häufiger wird auch das bedingungslose Grundeinkommen diskutiert, was auch als notwendige Folge dieser automatisierten Prozesse angesehen wird. Damit sollen Sozial- und Arbeitslosengelder aufgelöst werden, sodass Menschen schlichtweg ein Grundeinkommen haben, mit dem sie ohne jede Bedingungen frei leben dürfen. Durch die neuen Technologien wird es in Zukunft einfach weniger Arbeitsplätze geben. Insofern ist Arbeitslosigkeit keine Folge von Unwillen der Menschen. Wo keine Arbeit im Sinne von Erwerbstätigkeit ist, kann sie auch nicht wahrgenommen werden.
Die Arbeitslosen und das Glück
Mit der Arbeit und dem Sinn der Arbeit beschäftigt man sich schon seit der Antike. Schon Aristoteles schrieb davon, dass es keine Sklaven und Gehilfen mehr bräuchte, wenn Arbeitsprozesse automatisiert werden. Große Denker haben sich mit dem Sinn der Arbeit beschäftigt und warum sie so wichtig ist. Heute gilt der Tenor, dass Arbeit nicht nur Geld bringen soll, sondern auch eine sinnstiftende Funktion erfüllt. Das ist zwar einerseits ein interessanter Gedanke, da er den Fokus vom reinen Erwerb von Geld wegnimmt, stellt aber auch eine neue Drucksituation dar.
Wenn Arbeit dem Leben erst Sinn gibt, dann bedeutet Arbeitslosigkeit also ein sinnloses Leben. Das klingt überspitzt, aber so ähnlich fühlt es sich für viele Arbeitslose an, ohne dass sie das vielleicht zwangsläufig selbst so sehen. Wenn die Arbeit nicht vorhanden ist, dann gibt es gesellschaftlichen Druck. Den gibt es in unterschiedlichen Formen. Unter anderem als Vorwurf, dass die Arbeitssuchenden nur zu faul wären, aber eben auch in Form des Narrativs, dass nur Arbeit dem Leben einen Sinn geben kann.
Unter diesen Bedingungen ist es fast schon ein Tabu, dass ein Arbeitsloser glücklich sein kann oder darf. Wenn davon die Rede ist, stellen sich viele Menschen eine Person vor, die auf Kosten der Allgemeinheit das Leben genießt. Das muss aber natürlich längst nicht der Fall sein, denn es spricht nichts dagegen, arbeitslos und glücklich zu sein. Vor allem sagt es auch nichts darüber aus, ob jemand nicht trotzdem gerne arbeiten möchte. Die glücklichen Arbeitslosen setzen genau bei diesem Gedanken an. Die Idee dafür kam in den neunziger Jahren auf, unter anderem durch Guillaume Paoli, einem französischer Schriftsteller, Mitherausgeber des „müßiggangster“ und jemand, der ebenfalls hinter der Theorie des „glücklichen Arbeitslosen“ stand (siehe diegluecklichenarbeitslosen.de).
Konkrete Vorschläge der glücklichen Arbeitslosen
In allererster Linie geht es bei den glücklichen Arbeitslosen darum, dass die Arbeitslosigkeit nicht mehr verteufelt wird. Oder besser gesagt: Die Arbeit ist nicht das Allheilmittel, wie es oft dargestellt wird. Schon lange sind Arbeit und Sinn entkoppelt und die meisten Menschen gehen nur noch einer reinen Erwerbstätigkeit nach. Das Glück einfach so an die Erwerbstätigkeit zu knüpfen, ist ein falscher Gedanke, der aber große Auswirkungen hat. Doch welche Maßnahmen schlagen die Anhänger dieser Theorie konkret vor? Geht es tatsächlich darum, gar nicht mehr zu arbeiten und nur von Geldern anderer zu leben?
Neben dem Paradigmen-Wechsel, den man bezüglich der Arbeit anstrebt, gibt es auch konkrete Vorschläge, die politisch umgesetzt werden können. Die sind auch im Manifest der glücklichen Arbeitslosen zu finden, das unter anderem auf der Webseite steht. Der erste wichtige Schritt wäre, dass Kontrollmaßnahmen gegen arbeitslose Menschen sofort eingestellt werden. Das nimmt den Druck von den Arbeitssuchenden, der womöglich eh schon hoch ist. Gleichzeitig bräuchte es dann viele Stellen nicht mehr, die genau für solche Kontrollen zuständig sind. Dieser Gedanke kommt sehr dem bedingungslosen Grundeinkommen nah. Diese Idee ist seit der Gründung der glücklichen Arbeitslosen wesentlich realistischer geworden.
Fazit zu die glücklichen Arbeitslosen
Für manche klingt es noch immer nach faulem Müßiggang, doch es ist einfach eine klare Tatsache, dass es immer weniger Arbeitsplätze geben wird. Das hängt nicht mit der Motivation der Arbeitssuchenden zusammen. Die Gesellschaft muss darauf Antworten finden. Und es wird Zeit, so die glücklichen Arbeitslosen, dass Arbeit nicht mehr als das zentrale Element eines sinnerfüllten Lebens angesehen wird. Kontrollen von Arbeitssuchenden müssten sofort aufhören, was übrigens auch für Erwerbstätige von Vorteil wäre, da sie so weniger Angst vor der Arbeitslosigkeit haben müssten. Allzu utopisch sind die Vorstellungen nicht mehr, wie heute viele Debatten zum bedingungslosen Grundeinkommen zeigen.