Poor Things

In „Poor Things“ entfaltet Regisseur Yórgos Lánthimos eine Welt, die sowohl märchenhaft als auch steampunk-geprägt ist. Mit Emma Stone in der Hauptrolle als Bella, einer modernen Interpretation von Frankensteins Braut, bewegt sich der Film in einer aufwendigen Produktion durch eine erzählerische Landschaft, die Lánthimos‘ charakteristischen, trockenen Humor und skurrile Einfälle miteinander verwebt. Die schwarz-weißen Anfangsszenen erinnern an die klassischen Hammer-Horrorfilme, nehmen jedoch eine Wendung durch die naive, kindliche Perspektive Bellas, die eine morbide Neugier für das Makabere zeigt.

Dauer: 141 Min.
FSK: ab 16 Jahren
Jahr:
Regie: Yorgos Lanthimos
Produzenten: Yorgos Lanthimos, Ed Guiney, Andrew Lowe
Hauptdarsteller: Emma Stone, Mark Ruffalo, Willem Dafoe
Nebendarsteller: Ramy Youssef, Christopher Abbott, Jerrod Carmichael
Genres: Fantasy, Komödie, Science Fiction
Studio: Element Pictures, Limp and Fruit Tree
Sprachen: Deutsch, English

Bellas Weg führt sie durch eine persönliche und geistige Entwicklung, die von kindlicher Unschuld und Naivität geprägt ist, hin zu einer jungen Frau, die ihre Unabhängigkeit in einem Pariser Bordell auf unkonventionelle Weise zu finden sucht. Während die Kulissen der verschiedenen Städte, durch die Bella wandelt, künstlich und fast schon theaterhaft wirken, dient dies der Unterstreichung des surrealen Charakters des Films. „Poor Things“ bietet dabei mehr als nur unterhaltsame Kuriositäten; der Film hinterfragt auf subtile Weise Themen wie Selbstbestimmung und die Ausnutzung der Unschuld.

Besetzung / Schauspieler, Regie und Drehorte

Giorgos Lanthimos führte Regie bei „Poor Things„, einem britischen Film aus dem Jahr 2023. Dieser basiert auf einem Roman von Alasdair Gray und kombiniert Elemente aus Komödie und Science Fiction. Hauptdarstellerin Emma Stone spielt Bella Baxter / Victoria Blessington, unterstützt von Mark Ruffalo als Duncan Wedderburn und Willem Dafoe als Dr. Godwin Baxter. Weitere Rollen übernehmen Ramy Youssef, Christopher Abbott und Suzy Bemba. Die Produktion verantworteten Ed Guiney, Lanthimos, Andrew Lowe und Stone selbst. Für die Musik zeichnet Jerskin Fendrix verantwortlich, die Kameraführung übernahm Robbie Ryan und den Schnitt Yorgos Mavropsaridis.

Der Film hat eine Laufzeit von 141 Minuten und erhielt die Altersfreigabe FSK 16. Die Dreharbeiten fanden hauptsächlich in Budapest, Ungarn, statt. Nach seiner Weltpremiere beim 80. Filmfestival von Venedig im September 2023 wurde „Poor Things“ auf weiteren internationalen Festivals gezeigt. In den USA erfolgte der Kinostart im Dezember 2023, in Deutschland am 18. Januar 2024. Der Streik der SAG-AFTRA hatte eine Verschiebung des US-Starts zur Folge. Bis März 2024 spielte „Poor Things“ weltweit 108,7 Millionen US-Dollar ein, bei einem Produktionsbudget von 35 Millionen US-Dollar.

Auszeichnungen

Neben den zahlreichen Nominierungen zeichnet sich „Poor Things“ durch eine beeindruckende Liste von Auszeichnungen aus. Hier ein Auszug aus den gewonnenen Preisen, die die kreative Leistung und den Erfolg des Films unterstreichen.

  • AACTA International Awards 2024 – Bestes Drehbuch: Tony McNamara.
  • AAFCA Awards 2024 – Top 10 Filme.
  • AFI Awards 2023 – Top Ten Filme.
  • Art Directors Guild Awards 2024 – Bestes Szenenbild – Fantasyfilm: James Price, Shona Heath.
  • British Academy Film Awards 2024 – Beste Hauptdarstellerin: Emma Stone. Bestes Szenenbild: Shona Heath, James Price, Zsuzsa Mihalek. Beste Kostüme: Holly Waddington. Beste Maske: Nadia Stacey, Mark Coulier, Josh Weston. Beste visuelle Effekte: Simon Hughes.
  • British Film Designers Guild Awards 2024 – Bestes Szenenbild – Fantasy-Blockbuster: James Price, Shona Heath.
  • Camerimage 2023 – Bronzener Frosch – Drittbeste Kamera: Robbie Ryan, Giorgos Lanthimos.
  • Chicago Film Critics Association Awards 2023 – Beste Hauptdarstellerin: Emma Stone. Beste Kostüme: Holly Waddington.
  • Critics’ Choice Movie Awards 2024 – Beste Hauptdarstellerin: Emma Stone.
  • Filmfestival von Gent 2023 – Prix Georges Delerue – Beste Filmmusik: Jerskin Fendrix.
  • Golden Globe Awards 2024 – Bester Film – Komödie/Musical. Beste Hauptdarstellerin – Komödie/Musical: Emma Stone.
  • London Critics’ Circle Film Awards 2024 – Beste Hauptdarstellerin: Emma Stone.
  • Los Angeles Film Critics Association Awards 2023 – Beste Hauptrolle: Emma Stone. Beste Kamera: Robbie Ryan.
  • National Board of Review Awards 2023 – Top Ten Filme. Bestes adaptiertes Drehbuch: Tony McNamara. Bester Nebendarsteller: Mark Ruffalo.
  • Oscar 2024 – Beste Hauptdarstellerin: Emma Stone. Bestes Szenenbild: Shona Heath, James Price, Zsuzsa Mihalek. Beste Kostüme: Holly Waddington. Bestes Make-up und Frisuren: Nadia Stacey, Mark Coulier, Josh Weston.
  • Satellite Awards 2023 – Beste Hauptdarstellerin – Komödie oder Musical: Emma Stone. Bester Nebendarsteller: Mark Ruffalo.
  • Filmfestival von Venedig 2023 – Goldener Löwe – Bester Film: Giorgos Lanthimos. Premio UNIMED: Giorgos Lanthimos.

Handlung und Story vom Film „Poor Things“

Im viktorianischen London nimmt sich Victoria Blessington das Leben, doch der exzentrische Arzt Godwin Baxter rettet sie unkonventionell. Durch den Austausch ihres Gehirns mit dem ihres ungeborenen Kindes und eine Elektroschockbehandlung erweckt er sie zu neuem Leben. Sie erhält den Namen Bella und entwickelt sich mit kindlichem Geist unter Baxters und seiner Haushälterin Mrs. Prim’s Aufsicht. In ihrem neuen Leben glaubt Bella, ihre Eltern seien bei einem Abenteuer ums Leben gekommen, während Baxter, selbst ein Opfer wissenschaftlicher Experimente seines Vaters, ihr eine väterliche Zuneigung entgegenbringt und sie in seine Forschungsarbeit einbezieht.

Bella lernt schnell, ihre Sprache und Bewegungen normalisieren sich. Baxter engagiert den jungen Medizinstudenten Max McCandles, um Bellas Fortschritte zu dokumentieren und vertraut ihm ihr Geheimnis an. Max, der sich in Bella verliebt, bekommt die Erlaubnis, sie zu heiraten, unter der Bedingung, bei Baxter zu bleiben. Doch bevor die Hochzeit rechtlich vollzogen wird, verführt der zwielichtige Anwalt Duncan Wedderburn Bella. Dies markiert den Beginn ihrer Emanzipation und führt zu tiefgreifenden Veränderungen in ihrem Verständnis von Freiheit und Selbstbestimmung.

Finanzielle Not und Trennung

Bella durchlebt mit Duncan eine faszinierende Tour durch Europa, erkundet dabei in Lissabon intensiv die städtischen Besonderheiten sowie kulturellen Vielfältigkeiten und stößt so auf ihre autonome Entscheidungsfreiheit. Ihre sorgenfreien Tage finden jedoch jäh ein Ende, als ein von Eifersucht getriebener und besitzergreifender Duncan sie auf ein Kreuzfahrtschiff bringt. Während dieser Fahrt erfährt Bella eine weitere Reifung, bildet ein soziales Bewusstsein aus und neigt sich der Philosophie zu, angeregt durch die Begegnungen mit den Mitreisenden Martha und Harry Astley. Diese frisch erlangte Selbstständigkeit Bellas und ihr Drang, den Bedürftigen beizustehen, führen Duncan in eine finanzielle Krise und münden letztendlich in der Auflösung ihrer Beziehung in Paris.

In Paris entdeckt Bella die Sexarbeit als Weg zur finanziellen Unabhängigkeit und freundet sich außerdem mit der Prostituierten Toinette an. Durch diese Freundschaft wird Bella mit sozialistischen und feministischen Ideen konfrontiert, die sie tief beeinflussen und ihr Denken prägen. Ihre Erlebnisse und die damit verbundene Trauer motivieren sie schließlich dazu, Medizin zu studieren, um ihr Leben in neue Bahnen zu lenken. Währenddessen erkrankt Baxter schwer, und Max, unterstützt durch den mittlerweile inhaftierten Duncan, findet Bella und bringt sie zurück nach London, womit sich der Kreis ihres Abenteuers schließt und ein neues Kapitel beginnt.

Zurück in London konfrontiert Bella Baxter mit der Wahrheit über ihren Ursprung und entscheidet sich, seine Praxis zu übernehmen und Max zu heiraten. Doch eine Wendung tritt ein, als Alfie Blessington, Bellas vermeintlicher Ehemann, auftaucht. Ihre Neugier auf ihr früheres Leben führt sie zu Alfie, doch sie erkennt schnell seine wahren, finsteren Absichten. In einer dramatischen Wendung überwältigt sie Alfie und rettet sich in ein neues Leben mit Max und ihren Freunden in Baxters Haus, während sie sich auf ihre Zukunft als Ärztin vorbereitet.

Fazit und Kritik zum Film „Poor Things“

In „Poor Things“ schafft Yórgos Lánthimos eine märchenhafte Steampunk-Welt, die durch Emma Stones Darstellung von Bella, einer modernen Version von Frankensteins Braut, zum Leben erweckt wird. Mit einem beispiellosen Aufwand in Lánthimos‘ Karriere zeichnet der Film sich durch einen morbiden, aber dennoch leichtfüßigen Humor aus. Bereits die schwarz-weißen Anfangsszenen spielen geschickt mit Elementen klassischer Hammer-Horrorfilme und brechen diese durch Bellas naive Unbekümmertheit. Wenn Farbe ins Spiel kommt, entfalten sich die Städte Europas in einem fast theaterhaften, an Wes Anderson erinnernden Produktionsdesign.

Bella erforscht die Welt mit einer Offenheit und Naivität, die an eine kindliche Entdeckerfreude erinnert, jedoch ohne Unrechtsbewusstsein oder Schuldgefühle. Diese Gratwanderung zwischen Erwachsenwerden und kindlicher Unschuld, voller Sex und Nacktheit, birgt potenziell kontroverse Momente, doch der Film überschreitet diese Grenzen mit urkomischer Leichtigkeit. Lánthimos gelingt es, die Ausnutzung und das Begehren der Männer gegen sie zu wenden. Bellas Geschichte ist nicht nur eine Abfolge sexueller Eroberungen, sondern ein intellektuelles und kunstvolles Meisterwerk, das mit jedem Moment zu unterhalten weiß.

Mark Ruffalo und Willem Dafoe liefern überzeugende Darstellungen, die jedoch von Emma Stones Performance übertroffen werden. Stone navigiert Bella durch eine geistige Reise von kindlicher Neugier zu erwachsener Weisheit, ohne dabei klare Sprünge zu machen. Dieser subtile Fortschritt ist so geschickt eingefädelt, dass der Zuschauer die Entwicklung fast unbemerkt miterlebt, bis Bella plötzlich als erwachsene Frau vor ihm steht. „Poor Things“ ist nicht nur eine satirische Komödie, sondern auch ein Kommentar zu Besitzanspruch und Emanzipation, der das Publikum gleichermaßen zum Nachdenken anregt und unterhält.

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