Die Videothek ist tot » eine ganze Branche stirbt

Seit der Einführung des Internets kämpfen Videotheken auf der ganzen Welt ums nackte Überleben. Nur wieso ist das so und womit hat das Ganze zu tun? Eine Frage mit der sich tausende von Videothek-Betreibern täglich den Kopf zerbrechen und die einigen Frust mit sich bringt. Immer mehr Menschen beziehen ihre abendliche Unterhaltung aus dem World Wide Web. Im Folgenden möchte ich näher auf diese heikle Thematik eingehen und viele der offenen Fragen beantworten.

Nicht lange ist es her

Vor etwa 10 Jahren noch gehörten Videotheken noch zum festen Bestandteil eines jeden Stadtbildes, doch mittlerweile bleiben die Kunden fern und die Betreiber kämpfen gegen den Wandel der Zeit an – doch dieser Kampf ist einer, den es sich anscheinend nicht mehr zu kämpfen lohnt. In der heutigen Zeit, in der immer mehr digitalisiert wird, leihen sie die Menschen keine Filme mehr aus. Sie werden „gestreamt“ oder illegal gedownloadet.

Videostreaming anstatt in die Videothek zu gehenZum Nachteil derjenigen die damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Streaming Plattformen wie zum Beispiel Netflix oder Amazon Prime haben einen Markt geschaffen gegen die lokalen Unternehmen kaum noch etwas ausrichten können. Wie denn auch? Gegen die Preise der Streaming Giganten, mit ihren etlichen Auswahlmöglichkeiten oder gegen das Illegale downloaden auf diversen Internetseiten kommen die Videotheken einfach nicht an.
 
Nach Angaben des Interessenverbandes für Video- und Medienfachhandel gab es im Jahr 2007 im gesamten Bundesgebiet noch weit über 3000 Videotheken und rund 1000 Automatenvideotheken. 2016 waren es nur noch etwa 900 Videotheken, was einem Rückgang von Guten 75 % bedeutet. Der Verbandsvorstand Jörg Heinrich erklärt dazu: „Die Kunden streamen heutzutage lieber gemütlich vom Sofa aus über Portale wie Netflix, Maxdome oder Amazon. Und neben den legalen Portalen sind es vor allem die Illegalen Streaming Möglichkeiten, welche die Preise drücken.“

Die Bequemlichkeit der Kunden ist aber nur eine Seite, auf der anderen Seite hat man natürlich auch das Problem mit den stetig steigenden Mietpreisen vieler deutscher Städte, die den Besitzern das Leben schwer machen. Mancherorts gibt es für Wohnraum eine Mietpreisbremse, diese gibt es für den Gewerberaum nicht.

Ein Familienbetrieb ist am Ende

In einem Thüringer Ort, namens Neudietendorf, lebt Michael Heiter. Der 38-Jährige Videotheken-Inhaber hat 2012 den Betrieb mit seinem Bruder übernommen. Aufgebaut wurde das Unternehmen von ihren Eltern im Jahre 1990. Damals waren die Fernseher und Radio Reparaturwerkstätten der DDR nicht mehr sonderlich gefragt gewesen, daraus entstanden die ersten Videotheken. Mit rund 40 Läden erlebte der Betrieb 2006 seinen Höhepunkt, alleine 6 davon waren in Thüringen. Heute allerdings gibt es dank des Internetzeitalters nur noch 3 Geschäfte in Thüringen und 1 weiteres in Sachsen.

Immerhin kann der Besitzer dem ganzen doch noch was Positives abgewinnen: „heute habe ich keine Konkurrenz mehr.“ 2018 gab es nämlich nur noch 15 Videotheken im gesamten Bundesland Thüringen. Wirklich zufrieden seien die Brüder nur an Wochenenden, weil vor allem Menschen aus einkommensschwächeren Haushalten ihre Videothek aufsuchen, die sich nicht unbedingt eine Kinokarte oder ein Sky-Abo leisten können. Um dennoch dauerhaft über die Runden zu kommen haben Michael Heiter und sein Bruder beschlossen sich ein zweites Standbein aufzubauen. Das Verleihen von Hüpfburgen soll zumindest im Sommer ein lukrativer Nebenverdienst sein.

Das Branchensterben macht auch vor bekannten Namen wie der Filmverleih Negativeland aus Berlin (Danziger Str. 41, 10435 Berlin, Web: negativeland.de) keinen halt. Nach 25 Jahren gab Negativeland bekannt, das der Filmverleih seine Türen schließen muss.

Gibt es Videotheken die vom Wandel dennoch profitieren?

Videotheken die profitierenAnscheinend ja. Denn dadurch das überall die Betreiber, wegen nicht vorhandenen Kunden und damit einhergehenden fehlenden Umsätzen, ihre Läden schließen müssen, gibt es für die Verbliebenen kaum noch eine nennenswerte Konkurrenz. Der Mitarbeiter einer Steglitzer Videothek äußerte sich dazu wie folgt: „Bei uns läuft das Geschäft noch ziemlich gut. Alle paar Minuten kommt ein Kunde herein und reicht seine Ausleihkarte über den Tresen.“
 
Doch gefragt sind längst nicht mehr so viele Filme wie früher, heute bezieht sich das Geschäft hauptsächlich auf Videospiele, da man die eben nicht so einfach für nur ein paar Euro im Internet leihen oder sogar illegal erwerben kann. Häufig sind es auch Familien die einen Besuch der Videothek gerne mit einem Ausflug verbinden.

Eine bessere Auswahl auf Streaming Portalen

Streaming Portale als Konkurrenz zur VideothekNatürlich besteht kein Zweifel daran, dass die Streamingdienste und Video-on-Demand-Angebote die herkömmlichen Videotheken in ihrer Existenz bedrohen. Bieten sie aber deshalb auch eine bessere Auswahl an echten Film-Sensationen? Die Antwort lautet: Nein. Denn echte Film Geschichte findet man auf den etwaigen Streaming Portalen eher selten oder gar nicht.
 
Auf der Liste der „100 besten Filme aller Zeiten“ die das American Film Institut (kurz: AFI) alle 10 Jahre durch Umfragen erstellt, befinden sich derzeit in den Top Ten, die Filme: CITIZIN KANE, DER PATE, CASABLANCA, RAGING BULL, SINGIN´ IN THE RAIN, VOM WINDE VERWEHT, LAWRENCE VON ARABIEN, SCHINDLERS LISTE, VERTIGO und DER ZAUBERER VON OZ.

Wie viele dieser Klassiker befinden sich wohl auf Netflix? Kein einziger. Amazon bietet zwar einige an, diese müssen allerdings geliehen oder gekauft werden, selbst wenn Sie Prime-Video-Abonnent sind. Dies ist nicht unbedingt günstiger als ein einfacher Gang in die Videothek und leihen bei Amazon bedeutet das man sich den Film in seiner Videothek nur für 48 Stunden anschauen kann. Kaufen heißt auch nicht, dass man den Film dann einfach auf seine Festplatte ziehen kann, sondern er befindet sich in ihrem Account, kopiergeschützt auf dem Amazon Server. Sollten sie ihr Prime-Abo irgendwann einmal kündigen war es das mit dem Film.

Was kann die Politik tun?

Kann Politik die Videotheken retten?IVD-Vorstand Jürgen Weinrich sieht die Online-Piraterie als ein Problem, für das politische Lösungen gefunden werden müssen. Illegale Seiten müssten viel eher gesperrt werden. Die Betreiber sollten wesentlich effizienter am Upload gehindert und ernsthaft von der Polizei und Justiz bestraft werden, um dieses Problem einigermaßen in den Griff zu bekommen. Ob dieser Zug nicht schon längst abgefahren ist, lässt sich nur schwer beurteilen. Gerade die jüngere Generation ist schon lange nicht mehr so mit dem Modell der Videotheken vertraut wie es die älteren sind. Das Durchschnittsalter der Kunden tendiert anscheinend immer weiter nach oben.

Fazit: Schlechtes Internet gewährt dem Videotheken sterben einen Aufschub

Deutschland liegt in Sachen Breitbandausbau im internationalen Ranking weit hinten und gleicht diesbezüglich einem Entwicklungsland. Genau das sorgt dafür, dass sich der Prozess des Sterbens vermutlich noch um einige Jahre hinauszögern kann, so die Hoffnung der verbliebenen Videotheken. Daten des Interessenverbandes des Video- und Medienfachhandels bei dem rund 80 % aller Videotheken in Deutschland Mitglied sind zeigen, dass alleine von 2014 bis 2018 die Zahlen um etwa 2 Drittel zurückgegangen sind. Von 1544 Geschäften sind nur 440 übriggeblieben. Viele Betreiber suchen deshalb mittlerweile nach anderen Modellen, um ihr Geschäft am Leben zu halten. Der Wirtschaftswissenschaftler Budzinski sieht Langfristig allerdings keine Chancen mehr für diese im Sterben liegende Branche, die schon seit Jahren ihren Zenit überschritten hat.

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